Donnerstag, 24. Juni 2010

Mallorca Wanderreise 2010 – 6. Wanderung am 29.5.


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Unsere “Königstour” fand dann am letzten Tag statt: die Wanderung durch den Canyon, den Torrent De Pareis.

Canyon Torrent De Pareis Exit
"Canyon Torrent De Pareis Exit"

Anders als 99 % aller Wanderer machten wir die Tour von unten nach oben, von der Mündung ins Meer bis hinauf zum Kirchlein Escorca auf 632 m. Diese Variante hat mehrere Vorteile:

  1. Grundsätzlich ist der Canyon leichter bergauf zu gehen, da es einige Kletter-Passagen gibt.
  2. Am Morgen hat man die herrliche Bucht bei der Mündung und davor die Meerespromenade für sich allein, mittags treiben sich dort hunderte von Touristen rum.
  3. Man erkennt gleich am Anfang wie viel Wasser sich im Canyon befindet.
  4. Hiking in the Canyon Torrent De Pareis
    "Hiking in the Canyon Torrent De Pareis"
  5. Muß man bereits bei der Mündung die Schuhe ausziehen oder später beim ersten Wasserloch, dann weiß man daß sich wohl sehr viel Wasser im Canyon befindet und die Durchquerung sehr feucht werden wird. Stellt man dies bei der umgekehrten Variante fest und will abbrechen, hat man einen weiten und mühevollen Rückweg vor sich. So bietet sich bei Nichtbegehbarkeit des Canyons gleich eine Alternativ-Wanderung an: am Meer entlang nach Port de Sóller von Cala Tuent aus.

An diesem Tag waren die Bedingungen für die Begehung des Canyons ideal: sonniges und trockenes Wetter und wenig Wasser im Canyon. Die Felsen sind gut zu begehen, wenn sie trocken sind. Ein paar Regentropfen machen sie sofort sehr rutschig.

Wir starteten etwa um 09:30 Uhr mit unserer Wanderung.

More than hiking in the Canyon Torrent De Pareis
"More than hiking in the Canyon Torrent De Pareis"

Das erste Wasserloch ( von Jaume immer “Gumpe” genannt ) ließ sich links umgehen. Dann ging es immer weiter in den Canyon hinein, mal über Felsen kletternd, über grobes Geröll oder durch ein Kiesbett. Eindrucksvoll ragten die Felswände zu beiden Seiten bis 300 m in die Höhe. Bald erreichten wir einen Rinnsal, der von der Wand tropfte, wo wir nochmal unsere Flaschen auffüllen konnten.

Es gab insgesamt drei schwierigere Stellen, bei denen Jaume ein Seil spannte ( bzw. an der ersten Stelle war noch eins vorhanden ), so daß man sich gut hochziehen konnte. An einer Stelle mußten wir die Rücksäcke ausziehen und nach oben weiterreichen, da wir in einer Felsrinne unter einem Stein hindruch mußten. Ansonsten gab es nur noch zwei kleine knietiefe Gumpen zu durchqueren, was mit mitgebrachten Schnürsandalen kein Problem darstellte – und das waren dann auch schon alle Schwierigkeiten.

Goodbye Sky !
"Goodbye Sky !"

Von Jaume angelegte Seile und Haken sind immer wieder geklaut oder mutwillig beschädigt worden. Es ist schon erstaunlich welch dumme Menschen sich in so einen wunderschönen Canyon verirren. Mittlerweile hat er an den entscheidenden Stellen Dübel gesetzt und Haken und Seil immer am Mann.

Wir erreichten die Stelle, an der ein zweiter Canyon von rechts mündet. Dieser ist so eng, daß auch tagsüber kein Licht hinein fällt und man kann ihn nicht trocken durchqueren, weswegen man Neoprenanzüge bräuchte, denn das Wasser ist 8 Grad Celsius kalt. Wir machten einen kurzen Abstecher zu diesem Canyon und staunten über die beeindruckende “Architektur” der Natur. Am Anfang fiel noch etwas Sonnenlicht durch einen schmalen Spalt über unseren Köpfen, in den sich einige Felsblöcke verkeilt hatten, dann wurde es noch dunkler, kalt und der Fels feucht und glitschig. Wir kehrten um und zurück zu unserem Rastplatz, wo einige gewartet hatten, ruhten noch ein Weilchen auf und hatten dann noch etwa 10 Minuten zu gehen, bevor der Aufstieg aus dem Canyon heraus begann. An dem Rastplatz – es war bereits 14:30 Uhr – trafen wir zwei Deutsche, die Jaume fragten, ob man den Canyon ohne Seil begehen könne.

“Da müßt Ihr schauen und selbst beurteilen”, war seine diplomatische Antwort. Es war aber klar daß die beiden sehr spät dran waren und ihre Tour sehr schlecht geplant hatten, denn sie waren sich auch noch nicht im Klaren darüber wie sie vom Ende des Canyons wieder zu ihrem Auto gelangen würden. Busse oder Boote würden sie wohl keine mehr erwischen, bis sie den Canyon geschafft hätten. Taxi rufen ? Vielleicht möglich, wenn Handy-Empfang vorhanden oder sonst noch ein Telefon erreichbar. Das Taxi müßte aus Lluc kommen und wäre sicherlich nicht billig. Die beiden waren für mich ein Paradebeispiel wie naiv manche Touristen sind.

Bisher hatten wir trotz viel Kletterei nur ca. 200 Höhenmeter gewonnen. Es folgte also nunmehr ein Aufstieg an einem sonnigen Westhang über mehr als 400 Höhenmeter.  Je höher wir kamen, desto besser erfrischte uns ein kühles Windchen. Nochmal machten wir Rast an einem flachen Grasplatz unter Bäumen und genossen stolz den Anblick des Canyons, den wir eben durchquert hatten. Dann ging’s noch eine halbe Stunde weiter, an einem Steinbogen vorbei, den ein kreativer Maurer gebaut hat und der eine gute Kulisse für ein abschliessendes Gruppenphoto bot, zum Bus, der oben an der Strasse auf uns wartete, über die unzählige Motorradfahrer donnerten.

Zurück im Hotel gab’s eine kurze Verabschiedung und wir bedankten uns bei Jaume für eine phantastische Wanderwoche ( er wohnte leider nicht im Hotel, da dieses ausgebucht war, und mußte somit abends nach Hause fahren ). Von ihm habe ich ein neues deutsches Wort gelernt: “buschen”. Jede Tour war ein tolles Erlebnis, das Wetter hatte auch hervorragend mitgespielt und die Höhepunkte für mich waren gewesen natürlich diese letzte Wanderung, aber auch der zweite Tag mit der Höhlenerkundung, dem Aufstieg auf das Kap Pinar mit farbenbrächtigem Ausblick auf die Buchten von Pollenca und Alcúdia und dem anschließenden Bad im Mittelmeer. Jaume hatte uns immer sehr umsichtig geführt mit vielen Informationen über die Tour, wir wußten immer genau was uns erwartete, wie lange noch ein Aufstieg dauern würde oder es bis zum nächsten Rast- oder “Busch”-Platz war. Verbunden mit seinem reichen Wissen über Pflanzen und Mallorca profitierten wir alle von einem sympathischen, gebildeten und sehr kommunikativen Wanderführer, der noch dazu mindestens vier Sprachen gut spricht, wahrscheinlich sogar mehr: Spanisch, Deutsch, Englisch, Französisch. Daß der DAV Summit Club ihn offensichtlich gehen läßt, u.a. weil seine Frau für ein Konkurrenz-Unternehmen (Hauser) tätig ist, zeigt mal wieder wie dumm das Management von Firmen oft entscheidet und wie wenig man die wahre Leistung eines Mitarbeiters würdigt. Ebenso dumm ist die Firmenpolitik von ASI nur Bewerbungen von tiroler Bergführern zu akzeptieren, anstatt auch mal versierte Einheimische einzusetzen, wenn es Sinn macht und die erforderliche Qualifikation und Sprachkenntnisse vorhanden sind. Leider weiß ich das aus eigener Erfahrung: Firmenpolitik ist oft weder logisch noch dient sie dem Wohl des Unternehmens. Die wird leider allzu oft von Menschen bestimmt die vom eigentlichen Geschäft mittlerweile zu weit entfernt sind.

Done with Canyon Torrent De Pareis
"Done with Canyon Torrent De Pareis"

Noch einmal gab’s Abendessen im Hotel Es Port mit dem sehr guten Buffet und Grillangebot, anschließend ließen wir uns noch für einen Drink im Garten nieder. Und schon hieß es Abschied nehmen von Robert und Dagmar, er pensionierter Richter und sie Lehrerin kurz vor dem Ruhestand, Josua und Hanne ( die beiden waren kein Paar, sondern sie seine Tante, wie ich erst am letzten Abend erfuhr; er Biologe und sie ebenfalls Lehrerin ), Annette ( ebenfalls Lehrerin ), Alexandra, das Mädel von der Bergwacht, und Claudia, das Mädel mit dem sympathtischen bayrischen Dialekt, Angela und Karin, zwei Freundinnen, von denen nur Angela sich durch den Canyon getraut hatte, während Karin einen ruhigeren Tag zusammen mit Dagmar bevorzugt hatte, letztere hatte die Gedanken an den Canyon wohl eine schlaflose Nacht bereitet, Christine, die viel reisende Geschäftsfrau, und Jürgen, den Elektrotechniker, schweigsam wie ich und wohl die meisten Techies, ehemaliger Radioastronom und Computertechniker, den wir auch dazu auserkoren hatten die Abschiedsrede für Jaume zu halten, auch da die beiden sich schon von einer früheren Tour her kannten.

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