Freitag, 9. August 2019

Kalifornien-Urlaub 2001 - Tag 4: Half Dome

Als mich um 05:30 Uhr mein PDA weckte stellte ich mir zum letzten mal die Frage, ob ich dieses Abenteuer wirklich wagen sollte: die Besteigung des Half Domes: 1463 Höhenmeter,
27.4 krn, 10-12 Stunden Dauer der Tour. Am meisten Sorge bereitete mir mein rechtes Knie, dass mir während meiner letzten Wanderungen auf Kreta Probleme bereitet hatte.

Climbing the water falls to Half Dome
Ich sprang aus dem Bett und brachte eine schnelle Morgentoilette hinter mich. No Risk - No Fun. Oder anders: so jung würde ich da nie wieder hoch kommen.
Mein Frühsttick bestand aus einem halben Liter Milch und kleinen gepuderten Donuts, die ich mir gestern noch im Motel-Shop gekauft hatte. Es war noch dunkel als ich das Motel verließ, lediglich der heller werdende Horizont versprach den anbrechenden Tag. Ich fuhr bis zum Trailhead-Parkplatz bei Curry Village und traf dort auf ein junges Paar aus Sacramento, das ebenfalls zur Wanderung auf den Half Dome aufbrach. Es war 6:40 Uhr, als wir den Parkplatz verließen.

Am ersten Dome
Bald trennten sich unsere Wege, da ich etwas schneller vorankam. In der kühlen Morgenluft ließ es sich gut steigen und bald schon ließ ich den Vernal Fall hinter mir und erreichte um 8:30 Uhr das obere Ende der Nevada Falls, wo mich die Morgensonne begrüßte.
Von nun an ging es erstmal eben weiter entlang des Merced River und vorbei am Camp in Little Yosemite Valley. Dabei umrundete ich den Half Dome der zu meiner Linken lag, um mich ihm von hinten zu nähern. Beim Blick aus dem Yosemite Valley zum Half Dome kann man sich auch nicht vorstellen, daß dieser so einfach zu erwandern ist. Nun - ganz so einfach sollte es auch nicht werden.

Der zweite Dome
Hinter dem Camp erfolgte ein relativ leichter Anstieg. Um 10:30 Uhr eneichte ich den ersten Dome, auf den ein steiler aber treppenartig angelegter Pfad hinauf führte. Zuerst stärkte ich mich mit zwei Müsli-Riegeln, dann ging der steile Anstieg trotz heißer Sonneneinstrahlung gut voran. Schon bald stand ich vor dem zweiten, dem eigentlichen Dome. Vor mir eine steil
nach oben verlaufende Granitwand, darauf eine Spur mit Kabeln links und rechts versehen, mittels derer man sich nach oben hangeln konnte. Am Fuße des Domes stand in einer Mulde ein beeindruckendes Angebot an Handschuhen zur Verfügung.
Nach kurzen Zögem wählte ich zwei Exemplare aus und begann den Anstieg des halbwegs gut bevölkerten "Pfades". Schon bald schmerzten meine Arme und Beine und die Atmung ging wie verrückt ob dieses steilen Anstiegs. Glücklicherweise gab es alle 3-4 Schritte Pfosten mit Querbalken in der Granitwand, die das Ausruhen ermöglichten. Dennoch erwog ich kurz die Umkehr, was ich aber angesichts des kurz bevorstehenden Gipfeltriumpfs wieder
verwarf. Die Anstrengung war so groß, dass ich bald alle 3 Schritte ausruhen mußte.
Finaler Anstieg
zum Half Dome

Dann aber wurde der Anstieg endlich flacher und bald schon, um 11:30 Uhr stand ich auf dem Dach von Yosemite. Stolz genoß ich den Ausblick ins Tal, zum Glacier Point und El Capitan und nach Westen in das felsige Hinterland des Nationalparks. Im Süden waren deutlich die Rauchsäulen von Waldbränden zu sehen.

Ich ruhte 45 Minuten lang aus, dann legte ich meine Kniestützte an. Kurz vor meinem Abstieg tauchte auch das Paar aus Sacramento auf und wir begrüßten uns herzlich.
Der Abstieg entlang der Kabel ging wesentlich leichter als der Aufstieg. Ich ging rückwärts, was die Knie entlastet und ein besseres Festhalten ermöglicht. Immer wieder gab es jede Menge Gegenverkehr, was sich aber mit Ruhe und Gelassenheit gut bewältigen ließ. Eine Gruppe von Kindern kam mir am Seil entgegen, die ich schon früh morgens unterhalb der Vernal
Falls überholt hatte.

Stairway to heaven ?
Ich erreichte wohl behalten das Ende der Kabel und legte eine weitere Pause ein, um den anderen beim Klettern zuzusehen. Dann machte ich mich an den weiteren Abstieg. Auch hier kam ich trotz vorsichtigem Gehen gut voran und hatte schon bald den ersten Dome mit seinem steilen Pfad hinter mir. Auf diesem Pfad kam mir eine weitere Gruppe entgegen. Es war genau 13:00 LIhr, was ich mir als meinen Point Of Return vorgenommen hatte, und schon
ermahnte der Wanderführer seine Gruppe zur Umkehr, wollten sie beim Abstieg nicht in Dunkelheit geraten.
Von nun an ging es gemächlich weiter hinab. Die Sonne schien recht warm und meine Wasservorräte wurden knapp, obwohl ich mehr als 1,5 Liter mitgenommen hatte. Um 15:00 Uhr hatte ich wieder die Nevada-Falls erreicht. Ich war überglücklich, dass mir mein Knie keine Schmerzen bereitete und stieg weiter ab zu den Emerald Pools oberhald der Vernal
Falls, wo ich mir 40 Minuten später ein sagenhaft wohltuendes Fussbad im kalten Wasser gönnte. Ich trank mein letztes Wasser aus, wohl wissend dass es unterhalb der Vemal Falls an der Brücke Trinkwasser gab, was nicht mehr weit entfernt war.
View from Half Dome
Das Trinken unbehandelten Wassers hiesiger Flüsse und Bäche war nicht empfehlenswert wegen Giardia Lambila, einem mikroskopisch kleinen Protozoan, das sich in den Gewässem der Sierra tummelt und dem menschlichen Verdauungssystem zusetzen kann.
Nach einer halben Stunde Ruhepause nahm ich die letzte Etappe in Angriff - müde, aber in guter Verfassung ! An besagter Brücke füllte ich meine Trinkflasche auf und um 17:15 Uhr war ich dann wieder im Tal, überglücklich, diese grandiose Tour gewagt und so gut überstanden zu haben. Leider benötigte ich noch eine weitere halbe Stunde meinen Parkplatz wiederzufinden und stapfte erschöpft durch einen riesigen Campground, aber schließlich hatte ich auch diese Hürde überwunden.

Axel auf dem Half Dome
Ich fuhr sofort zum Village Store in Yosemite Village und kaufte mir das Yosemite-T-Shirt, das ich mir als Belohnung für eine erfolgreiche Besteigung des Half Domes versprochen hatte, sowie zwei Flaschen Bier, von denen ich während des Abstiegs in der heißen Sonne auf dem staubigen Pfad immer wieder geträumt hatte.
Jetzt sitze ich nach einer wohltuenden Dusche auf dem Bett meines Zimmers und schreibe diese Zeilen und träume von einem weiteren Bier und was zu Essen.

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