Von München nach Venedig in 28 Tagen: 24. Etappe von der Pian de Fontana zum Refugio 7-Alpini
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“Heute hieß es früh aufstehen: Abmarsch war um 06:30 Uhr. Zuerst ging’s einen schmierigen Pfad bergab, während die Sonne aufging. Wir schreckten zahlreiche Gemsen auf, während wir nochmal etwas abstiegen bis zum Entscheidungspunkt: Klettersteig oder Bianchet-Hütte ?
"Blauhelm-Einsatz in der Schiara" |
Ludwig hielt zielstrebig auf die Marmolscharte (2.262 m) zu und wir mußten nochmal 800 Höhenmeter aufsteigen, bis wir den Klettersteig erreichten.
Nebel lag über der Schiara, als wir um 10:30 Uhr die Klettertour begannen.”
Nachdem wir unser Klettergeschirr angelegt hatten ging es zunächst noch etwas bergauf am Seil entlang. Das erste Stück war nicht sonderlich schwierig und bald erreichten wir eine Biwak-Schachtel. Dann wurde es schwieriger: senkrecht ging es abwärts über Leitern und mit Hilfe von Stahlstiften, die in die Wand gehauen waren. Der Klettersteig ist als leicht eingestuft; dadurch, daß wir ihn bergab nahmen war er natürlich etwas schwieriger zu bewältigen. “Leicht” in den Dolomiten kann aber schon eine Herausforderung sein für diejenigen, die Klettersteige nicht gewöhnt sind.
"See what's blowing in the rocks" |
Es gab überall eine Seilsicherung und wir wählten je nach Anweisung von Ludwig eine einfache oder dopplete Sicherung. “Einfache Sicherung” bedeutete einen Sicherungshaken am Gürtel zu verstauen und nur mit einem Sicherungshaken am Seil zu gehen. “Doppelte Sicherung” sah die Verwendung beider Haken vor, allerdings nicht die Extremform, wie Alex und ich das mal bei einem Klettersteig-Kurs der Alpinschule Südtirol gelernt hatten, nach der außer beim Umhängen immer beide Haken am Seil eingehängt sein mußten. “Damit wir noch heute die Hütte erreichen konnten” wählten wir eine etwas schnellere Technik: also immer nur ein Haken eingehängt, den anderen in der freien Hand. Dieser Haken wir dann in einen neuen Seilabschnitt eingeklingt, der andere abgenommen und bleibt in der Hand bis zum nächsten Seilstück. Mit “Haken” ist übrigens ein Karabinerhaken gemeint mit Verschluß, bei dem zunächst ein Ring nach unten gezogen werden muß, damit er sich öffnen läßt.
"In der Wand" |
Als wir nach 2 1/2 Stunden Pause machten ließ uns Ludwig wissen, daß wir erst die Hälfte geschafft hatten. Die Klettersteig-Tour war laut Programm mit 3-4 Stunden angesetzt, wir würden offenichlich etwas länger brauchen.
Es ging nun waagerecht an steilen Felswänden entlang, teilweise stark ausgesetzt, manchmal sogar leicht überhängend, überall aber gut gesichert, wenn nötig auch mit zusätzlichen Haltegriffen an der Wand. Bald sahen wir die Hütte unterhalb liegen und fühlten uns schon fast am Ziel, aber wir hatten immer noch schwierige Kletterpassagen vor uns, unter anderem auch die “Schlüsselstelle” gegen Ende der Klettertour. Wer diese nicht bewältigte mußte umkehren – aber wer wollte das schon.
"Conquering the Schiara" |
Da ich als Vorletzter kletterte, gefolgt von unserem jungen Optiker, der sich der Gruppe angeschlossen hatte, konnte ich vorne immer alle möglichen Rufe und Kommentare hören, und da es oft zu langen Verzögerungen kam, hatte ich auch ausreichend Zeit dafür.
“Das ist jetzt die Schlüsselstelle”, hieß es alsbald, als wir in einer Rinne zwischen zwei Felsen aufwärts klettern mußten. War es aber nicht. Dann jedoch: “Hilfe, ich komm nicht weiter!” … “Meine Beine sind zu kurz!” … “Andere mit kürzeren Beinen haben es auch geschafft.” … “Arsch an die eine Wand, Füße an die andere, dann geht’s schon.”
Wir hatten die Schlüsselstelle erreicht, eine Spalte zwischen zwei senkrechten Felsen, die man tatsächlich nur bewältigen konnte, indem man sich mit Hintern und Rücken an die eine Wand und mit den Füßen an die gegenüberliegende stemmte und so hinunter arbeitetet, bis die Füße und Hände wieder Vorsprünge fanden zum “normalen” Klettern.
Noch ein paar steile Wände abwärts, dann sahen wir Ludwig unten stehen und das Klettergeschirr abgelegen.
“Wir benötigten 5 Stunden für die Kraxelei entlang des Seils, über steile Felsen, Leitern und Kamine. Aber wir alle schafften es und der abschließende Abstieg zum Refugio 7-Alpini war schnell geschafft. Wir genossen das erste Weizenbier und man spürte deutlich die Erleichterung in der Gruppe nach dem überstandenen Abenteuer.”
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